Ja, wir haben ein MES

    17 August 2021

    Ja, wir haben ein MES

    Die regelmäßigen Leser meines bzw. unserer Blogs wissen, ich spreche oft und viel (und gerne) mit den Anwendern der AVEVA Software oder auch denen, die dies noch vorhaben zu werden. So auch kürzlich mit einem mittelständigen Unternehmen, Inhaber geführt, etabliert, mit einer marktgängigen Produktpalette. Das Unternehmen ist seit langem am Markt und hat das „Auf und Ab“ der vergangenen Jahrzehnte nicht nur gemeistert, sondern ist auch gut gewachsen. Vor wenigen Jahren wurde ein zweiter Produktionsstandort eröffnet, die Logistik outgesourced und seit geraumer Zeit gibt es auch einen „Online-Shop“!

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    Die Inhaber leiten das Unternehmen nun bereits in der zweiten Generation. Der Seniorchef kommt gelegentlich vorbei, um nach seinem „Kind“ zu sehen und wird bei der Gelegenheit von allen herzlich begrüßt. Auf die Frage nach dem Geheimnis des  kontinuierlichen Erfolg wurde mir folgendes gesagt: 

    "Wir folgen nicht nur den Trends am Markt, sondern versuchen diesen voranzueilen oder auf deren Gestaltung einen Einfluss zu nehmen. Hilfreich hierbei ist die Mitgliedschaft in Organisationen und Verbänden, auch hinsichtlich eines Gedankenaustauschs und man hilft sich auch gerne untereinander. Das ist eben Mittelstand. Auch die die Erfahrung unserer Mitarbeiter ist von großer Bedeutung und wir legen viel Wert auf die Aus- und Weiterbildung und das Kenntnisniveau unserer Belegschaft, auch um neue Mitarbeiter zügig einbeziehen zu können. Die Förderung der Mitarbeiter liegt uns sehr am Herzen."

    Der Seniorchef war schon immer technikaffin und immer bestrebt die tägliche Arbeit zu erleichtern. Er hielt den Anlagen- und Maschinenpark stets auf einem aktuellen technologischen Stand und scheute keine Investitionen in neue Anlagen und Maschinen. Dies gilt auch für den Einsatz von Software und PCs nicht nur im Büro, sondern auch in der Produktion. Nicht nur, um den Mitarbeiter in der Werkstatt Mittel in die Hand zu geben, um die Arbeitsorganisation von Stückliste über Arbeitsplan bis hin zur Verwaltung von Rezepten zu erleichtern, sondern auch um IST-Daten zu erfassen – Stichwort BDE, um rückwirkend tagesgenau einen Einblick in die aktuelle Situation der Produktion zu gewinnen. Und das war zu Anfang der 90er des letzten Jahrhunderts!

    Es waren bereits PC-basierte vernetzte BDE-Terminals im Einsatz – ja: tatsächlich PCs mit schwarz/weiß Bildschirm und Tastatur (mit Abdeckung)! Anfängliche Zweifel bzgl. der Haltbarkeit der PCs und Tastaturen unter Werkstattbedingungen waren unbegründet. Sie hielten Jahre!

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    An diesen Terminals buchten zum einen die Mitarbeiter Ihr „Kommen“ und „Gehen“ ein, sahen ihren Auftragsvorrat, konnten Aufträge starten, unterbrechen und beenden, Stückzahlen, Ausschuss und „Rotscheine“ melden. Apropos: So etwas wie Kennzahlen hinsichtlich Produktivität standen auch schon damals dem Mitarbeiter an den PC-Terminalen zur Verfügung. Die kaufmännischen Mitarbeiter erhielten Ihre IST-Daten per ACSII Schnittstelle in das NIXDORF COMET PPS System.

    Das BDE- und Auftragsmanagementsystem stammte von einem kleinen Softwarehaus, quasi um die Ecke entwickelt und gepflegt, über viele Jahre hinweg, bis in das neue Jahrtausend. Nur das PPS System wurde durch ein ERP-System ersetzt, nachdem Ende der 90ger die Zukunft von COMET ungewiss wurde. Das Softwarehaus unternahm erhebliche Anstrengungen, um seine BDE-Lösung von dem MS-DOS auf das MS-Windows Betriebssystem zu portieren. Es gab einige Kinderkrankheiten zu bekämpfen, die glücklicher Weise die Produktion nur in geringem Umfang behinderten.

    Nichtsdestotrotz wurden mehr und mehr Anforderungen an das BDE-System gestellt, erste SCADA und HMI Anwendungen erschienen, das Auftragsmanagement und die Disposition erforderte weitere Fähigkeiten und die ursprünglich rein mechanische und Wandfüllende Plantafel im Meisterbüro war den Anforderungen nicht mehr gewachsen.

    So entstanden eigene, das Bestand BDE-System erheblich ergänzende Lösungen: ein eigenes „M“ „E“ „S“ wurde geschaffen

    "Stellen Sie sich vor, unsere eigenen Leute programmierten eine Plantafel, in der die Produktionsaufträge auf einer horizontalen Zeitskala als horizontaler Balken dargestellt wurden – und man konnte diese mit der Maus verschieben – ein GANTT Diagramm. Die verfügbaren und belasteten Kapazitäten der Anlagen wurden über einen „BAR-Chart“ dargestellt. Ebenso wurden Auftragslisten, Stücklisten, Arbeitspläne in unserem MES verwaltet und die zugehörigen Auftragspapiere gedruckt. Die Materialbedarfsanforderungen wurden aus der Stückliste erzeugt und auf Papier an den Einkauf übergeben. Wir versetzten unsere Anlagenfahrer in die Lage Ihr Anlagenlogbuch über den Computer zu führen. Und unsere Meister erhielten Ihre Kennzahlen in tabellarischer und grafischer Form."

    Ja, da kam der ein oder andere ins Schwärmen!

    "Unser „M“ „E“ „S“ verfügt über eine Vielzahl von Diagrammtypen und der Fähigkeit Auswertungen zu erstellen. Sogar eine „Tachometerdarstellung“ der Kennzahlen wurden programmiert. Der Anbieter unseres BDE-Systems entwickelte für uns die Möglichkeit Daten aus unserem BDE-System zu exportieren. Seitdem können diese Daten in unserem „M“ „E“ „S“ verwenden."

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    Spätestens jetzt ist es an der Zeit ist Kund zu tun, auf welcher Technologie das  „M“ „E“ „S“ besagten Kunden basiert: Microsoft Excel Spreadsheet. Na ja, das Anlagenlogbuch wurde von einem Werkstudenten in Microsoft ACESS programmiert. Es läuft.

    Die „Programmierer“ haben Microsoft Excel ziemlich ausgereizt und vieles in Formeln, jedoch auch in Visual Basic Marcos umgesetzt. Gerade die Möglichkeit, Arbeitsblätter in Mappen zu organisieren und das Konzept des Sperrens von Zellen ermöglicht ein gewisses Maß an Benutzerführung. Und die Fähigkeit Daten in Pivot-Tabellen zur Auswertung zu bringen ist einfach nur gut. Und, besonders wichtig ist, das fast jeder Excel zumindest grundlegend bekannt ist.

    Aber spätestens hier nahm das Schwärmen ein Ende. "Nun ja, die Damen und Herren, die unser „M“ „E“ „S“ führend entwickelt und betreut hatten - und das seit den 90ern - werden im kommenden Jahr in den Ruhestand gehen."

    Es existieren leider doch ein paar Ecken und Kanten und im Laufe der Zeit haben sich einige Unzulänglichkeiten erwiesen:

        • Generell ist das Fehlen einer zentralen Datenhaltung – einer Datenbank – das größte Manko. Da alle Daten in Excel-Dateien gespeichert werden, sind die Möglichkeiten des gemeinsamen Arbeitens mit diesen Daten eingeschränkt. Es gäbe zwar mittlerweile Techniken des gemeinsamen Arbeitens an einer Datei, jedoch ersetzt dieses nicht die Fähigkeiten einer datenbankbasierten Softwarelösung hinsichtlich der Gültigkeitsüberprüfung und des Verhinderns von ungewollter Veränderung von Daten.
        • Excel-Dateien entwickeln ein Eigenleben: sie werden vom Anwender gespeichert.
          Wer garantiert, dass man gerade die Exceldatei mit den aktuellen Makros verwendet?
          Und ein Makro kann eben mal gelöscht werden!
        • So sind viele Insellösungen entstanden, die keine Daten miteinander austauschen können.
        • In Excel ist die Darstellung der Daten mit der Verwaltung der Daten verknüpft. Daten werden also nicht von der Darstellung unabhängig gespeichert. Ein Diagramm hat eigene Daten und eine Tabelle ebenso.
        • Das Verknüpfen von Daten, z.B. einer Stücklistenposition mit einem Satz von Materialbedarfen ist zwar möglich, jedoch nur sehr aufwändig. Insbesondere da die Art, der Typ der Daten in Excel jederzeit änderbar ist.
          Eine Datenbank achtet sehr genau darauf, dass ein Textfeld einen Textwert akzeptiert, oder ein Feld für eine Kommazahl nur eine Kommazahl erlaubt.
        • Es schleichen sich doch bisweilen fehlerhafte Daten in die Auswertungen, da Eingabeprüfungen nur aufwändig zur realisieren sind.
        • Und es fehlt die Fähigkeit Rechte und Rollen zu vergeben.
        • Und wir haben gelernt, dass die Verarbeitung größerer Datenmengen sehr zeitaufwändig ist.
        • Unsere Anforderung Prozessdaten und Betriebszustände aus den Maschinensteuerungen auszuwerten und mit Auftragsdaten in Bezug zu setzen, sprengt den Rahmen der Fähigkeiten unserer „M“ „E“ „S“ Lösung bei Weitem.
        • Uns zuletzt haben wir vor, die Affinität unserer Mitarbeiter zu mobilen Endgeräten, d.h. Mobiltelefonen und Tablets zu nutzen. Klar, um es Ihnen zu ermöglichen alle relevanten Informationen stets parat zu haben, andererseits auch um Daten zu erfassen.

    Wir haben uns also entschieden unser altes BDE-System einzumotten – der Anbieter möchte demnächst ebenso in den wohlverdienten Ruhestand eintreten - und mit einem traurigen Auge auf unser „M“ „E“ „S“ blickend eine datenbankbasierter, etablierte Softwaretechnologie als Grundlage einer „MES“-Lösung einzusetzen.

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    Ich war durchaus beeindruckt davon, wie weit das „M“ „E“ „S“ entwickelt und Excel ausgereizt worden waren bei diesem Unternehmen. Und wir sprachen weiter über weitaus modernere Software-Werkzeuge, die heute bereits in vielen Teilen der Automatisierung Anwendung finden. Und dieser Mittelständler entschied sich dazu, das ausgediente "BDE-System" einzumotten und zu einer datenbankbasierten, etablierten Softwaretechnologie als Grundlage für eine „MES“-Lösung (nach meiner Definition) einzusetzen. Und glücklicher Weise ist ein passendes, kompetentes Softwarehaus, ein AVEVA-Systemintegrator, auch gleich um die Ecke.

    Sie wollen auch wechseln von Microsoft Excel Spreadsheet to einem MES zur Anwendung im industriellen Umfeld? Sprechen Sie mich an.

    Andreas HOLZ
    Geschrieben von
    Andreas HOLZ

    Andreas Holz berät als MES/MOM Busisness Development Manager herstellende Unternehmen und Systemintegrator bei der Erstellung der für sie passenden Softwarelösungen zur Optimierung und Automatisierung von Produktionsprozessen.

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